Für die Zuweisenden

«Kinder aus der Klemme» ist ein therapeutisches Angebot für Familien in anhaltenden und starken Trennungskonflikten. Es wurde entwickelt, weil die bisherigen Angebote in solchen Fällen häufig keine befriedigenden Ergebnisse gebracht hatten. Es gibt in der Schweiz sehr wenige gute Angebote für diese Familien.

Deshalb haben sich Therapeut*innen weitergebildet und bieten das einzige nachweislich wirksame Programm in der Schweiz an. Das Projekt findet international Anerkennung (NL/D/GB/N/ARG) und gilt als äusserst wirksam.

Hochkonflikthafte Trennungen

Der Mehrheit der Eltern gelingt es nach Scheidungen und Trennungen, einen Weg für den zukünftigen Umgang miteinander zu finden. Sie sind in der Lage, ihren Kindern zu helfen, mit dieser Veränderung umzugehen. Eine kleine Gruppe allerdings verstrickt sich in nicht enden wollende Auseinandersetzungen, beispielsweise über Sorgerechts- und Besuchsrechtsregelungen, über Geldangelegenheiten oder über Fragen rund um die Erziehung und Versorgung der Kinder. Dabei verlieren sie die Bedürfnisse ihrer Kinder aus den Augen. Hochkonflikthafte Trennungen und Scheidungen sind durch destruktive Kommunikationsmuster, Misstrauen, Rachsucht und gegenseitige Dämonisierung gekennzeichnet. Die Beteiligten sind vielfach in einem Kreislauf der gegenseitigen Schuldzuweisungen und Kritik gefangen. Sie stehen durch den Konflikt unter grossem Stress.

In dieser Situation ist es schwierig, bei Uneinigkeiten die Perspektive des anderen Elternteils nachzuvollziehen, emotional adäquat zu reagieren und eine lösungsorientierte Sichtweise einzunehmen. Für die Kinder bedeutet der Trennungskonflikt eine enorme Belastung. Sie leiden stark unter den Streitigkeiten der Eltern. Häufig entwickeln sie Stresssymptome, wie Ängste oder Depressionen. Manchmal reagieren sie auch mit rebellischem Verhalten und Aggressivität. Bei der Behandlung von Eltern in hochkonflikthaften Trennungen wie auch bei der Therapie ihrer Kinder stehen Fachpersonen vor besonderen Herausforderungen.

Laufende Klagen und Gerichtsprozesse erschweren die Situation und es besteht das Risiko, dass sich auch die Fachpersonen in den Streitigkeiten der Eltern verstricken. Eine erfolgreiche Behandlung der Symptome der Kinder ist kaum möglich, solange sich der Kontext, indem sie leben, nicht ändert. Sie ist auch nicht zielführend, denn nicht die Kinder sind das Problem, sondern der ungelöste Konflikt ihrer Eltern.

Therapiekonzept

«Kinder aus der Klemme» wurde mit Blick auf die besondere Situation von Familien in hochkonflikthaften Trennungssituationen entwickelt. Es handelt sich um ein gruppentherapeutisches Angebot für sechs Elternpaare und ihre Kinder. Alle sechs Elternpaare kommen achtmal gemeinsam mit ihren Kindern in die Therapie. Die Elterngruppe arbeitet parallel zur Kindergruppe.

Im Zentrum steht das Wohl der Kinder. Für die Eltern bringt das Programm intensive Arbeit mit sich. Sie stehen in der Verantwortung, für ihre Kinder ein sicheres Umfeld zu schaffen. Dazu müssen sie ihr Verhalten verändern, die Streitigkeiten überwinden und einen Ausweg aus dem Teufelskreis von Angriff und Gegenangriff finden.

In der Gruppe fällt es den Eltern einfacher, eine neue Perspektive auf die eigene Situation zu finden und nicht wieder in die alten Konfliktmuster zurückzufallen. Die Kursteilnehmer*innen helfen einander bei der Suche nach neuen Wegen und werden durch die Erfolge der anderen motiviert.

Die Kindergruppe ist bewusst nicht als Therapiegruppe im engeren Sinne konzipiert. Dennoch hat sie auf einige Kinder eine therapeutische Wirkung. Sie erleben, dass sich die Eltern gemeinsam darum bemühen, ihre Situation zu verbessern. Zudem ist der Kontakt mit Schicksalsgefährt*innen in der Kindergruppe sehr hilfreich. Sie erkennen sich ineinander wieder, können einander helfen und Möglichkeiten suchen, um sich gegen die Streitigkeiten ihrer Eltern zu wappnen.

Eine Besonderheit des Programms «Kinder aus der Klemme» ist der starke Einbezug des sozialen Netzwerks der Familien, also beispielsweise von Verwandten, Freunden, neuen Lebenspartner*innen, aber auch von Rechtsvertreter*innen oder Sozialarbeitenden. Es ist wichtig, dass die Menschen im engen Umfeld der Eltern und Kinder das Programm aktiv unterstützen. Sie können den Eltern helfen, den Konflikt einzudämmen und die Kommunikation zu verbessern.

Zielsetzung

Ziel des Programms ist es, dass die Kinder aus der Klemme, in der sie aufgrund des anhaltenden Konflikts zwischen Vater und Mutter stecken, befreit werden. Für sie soll ein Klima der Sicherheit geschaffen werden. Dazu müssen die Eltern aus dem Teufelskreis der gegenseitigen Beschuldigungen und Kritik ausbrechen und einen Weg finden, mit dem Streiten aufzuhören. Die Eltern lernen Konfliktmuster, wie destruktive Kommunikation oder emotionale Eskalation, bei sich selbst wahrzunehmen und erkennen, was sie selbst machen können, um die Situation zu verbessern. Sie entwickeln Kompetenzen, die ihnen in Zukunft helfen, zu deeskalieren und Uneinigkeiten konstruktiv zu lösen. Ziel ist es nicht, dass sie das perfekte Team werden. Manchmal hilft es auch, Abstand zu nehmen. Wichtig für die Kinder ist, dass sich der Streit beruhigt und es den Eltern gelingt, wieder Vertrauen aufzubauen und zu kooperieren.

Zielgruppe

«Kinder aus der Klemme» ist ein Programm für Eltern, die schon länger als ein Jahr getrennt sind und deren Streitigkeiten eskaliert sind. Typischerweise besteht eine Sorgerechts- oder eine Besuchsproblematik. Damit eine Teilnahme möglich ist, müssen beide Elternteile ihr Einverständnis geben. Zudem müssen sie bereit sein, für die Dauer der Therapie allfällige juristische Verfahren ruhen zu lassen. Alle gemeinsamen Kinder ab dem Alter von vier Jahren werden in das Programm aufgenommen. Die Kindergruppe ist folglich vom Alter her heterogen. Das Angebot ist offen für Familien aus der ganzen Schweiz.

Organisation und Ablauf

Die Kurse finden in deutscher Sprache statt. Während der Multi-Familientherapie-Sitzungen arbeitet die Elterngruppe getrennt von der Kindergruppe. Die Pause verbringen jeweils alle zusammen. Insgesamt finden acht zweistündige Gruppensitzungen statt.

Bevor die Gruppensitzungen beginnen, werden mit jeder einzelnen Familie zwei Vorgespräche geführt. Beim ersten Treffen sind nur die Eltern zugegen, beim zweiten kommen auch die Kinder mit. Ebenfalls vor dem Start der Gruppentherapie wird ein Netzwerkinformationsabend durchgeführt. An diesen Anlass bringen beide Elternteile Personen mit, mit denen sie in enger Verbindung stehen und die ebenfalls aktiv oder im Hintergrund in den Konflikt involviert sind oder von ihm betroffen sind.

Am Netzwerkabend werden die Anwesenden über das Programm «Kinder aus der Klemme» informiert und aufgefordert, die Kindseltern zu unterstützen. Zwischen den acht Gruppensitzungen erhalten die ElternHausaufgaben, an denen sie mit Unterstützung ihres sozialen Netzwerks arbeiten sollen. Es geht darum, das Gelernte und Erlebte zu verarbeiten, zu vertiefen und in den Alltag einzubinden. Falls Bedarf besteht, werden mit den einzelnen Familienmitgliedern zwischen den Gruppensitzungen zusätzliche Gespräche vereinbart. Nach Beendigung des Gruppenprogramms wird die Therapie mit den Eltern und mit den Personen aus ihrem Netzwerk evaluiert. Dabei wird abgeklärt, ob eine Nachsorgephase erforderlich und erwünscht ist.

Gruppensitzungen

Das Programm der Eltern und der Kinder wird in getrennten Räumen durchgeführt. Es gibt drei Therapeut*innen für die Elterngruppe und zwei für die Kindergruppe. Wenn möglich, werden sie durch je eine weitere Person unterstützt.

In der Kindergruppe findet ein Kreativprogramm statt. Die Therapeut*innen initiieren Gespräche, Übungen und Spiele. Sie schaffen eine sichere Atmosphäre, in der die Kinder, wenn sie wollen, ihre Geschichten erzählen können und gestärkt und ermutigt werden. Es steht allerdings niemand unter Druck, etwas zu sagen, wenn er oder sie nicht möchte.

Der Kursablauf ist flexibel und von den Bedürfnissen der anwesenden Kinder und von der Gruppendynamik abhängig. Den Kindern wird ermöglicht, sowohl die Vorgehensweise als auch die Gesprächsthemen mitzubestimmen. Die meiste Zeit verbringen die Kinder damit, für ihre Eltern eine Vorführung vorzubereiten, mit der sie darstellen, wie sie die gegenwärtige Konfliktsituation erleben. Dies tun sie beispielsweise mithilfe von Zeichnungen, Fotos, Filmen, Computeranimationen, Musik, Theater oder Spiel. Bei der Wahl ihrer Ausdrucksform sind sie frei. Sie können einzeln oder in kleinen Gruppen arbeiten. Kein Kind wird zu etwas gedrängt. Falls eines lieber im Hintergrund bleiben möchte, ist dies gut möglich.

In der Erwachsenengruppe geht es um Themen, die für hochkonflikthafte Trennungen relevant sind. Die Eltern werden unter anderem darüber informiert, wie destruktive Konfliktmuster funktionieren, welche Folgen die Muster haben und wie sich allzu grosser Stress auf die Kommunikation untereinander auswirkt. Zudem lernen sie mehr darüber, was es für die Kinder bedeutet, wenn sie zwischen die Fronten ihrer streitenden Eltern geraten.

In Ergänzung zu den theoretischen Informationen und der Reflexion darüber werden viele Übungen durchgeführt. Dadurch wird das Gelernte erlebbar und kann verinnerlicht werden. Die Kursteilnehmenden üben sich darin, die Perspektive zu wechseln und sich in die Situation anderer Personen hineinzuversetzen.

Zu Beginn wird das Programm vorwiegend von den Therapeut*innen vorgegeben. Später wird vermehrt auch auf Themen eingegangen, die die Eltern selbst vorbringen. Insbesondere die Hausaufgaben helfen den Eltern dabei, die Kursinhalte auf die eigene Situation zu übertragen. Im Rahmen der Therapie entwickeln die Eltern unter anderem eine Erzählung über ihre Trennung, mit der die Kinder leben können. Zudem erarbeiten sie eine Präsentation für die Kinder, in der sie darauf eingehen, was sie durch das Programm gelernt haben und was sie sich in Zukunft für ihre Kinder wünschen.

Wirksamkeit

Natürlich können festgefahrene Konfliktmuster, die schon seit Jahren bestehen, nicht in acht Sitzungen völlig aus der Welt geschafft werden. Allerdings lässt sich bei fast allen Familien, die am Programm teilnehmen, beobachten, dass die Eltern Schritte in die richtige Richtung tun. Sowohl eine Studie der Medical School in Berlin als auch eine Untersuchung, die die Gründerinnen von «Kinder aus der Klemme» zusammen mit der Universität Amsterdam durchgeführt haben, kommen zu erfreulichen Ergebnissen. Vielen Programmteilnehmenden gelingt es, die destruktiven Konflikte zu reduzieren. Die Eltern können die Trennung besser akzeptieren, werden einander gegenüber versöhnlicher und können einander loslassen. Dank besserer Absprachen der Eltern untereinander, verbessert sich ihr Umgang mit den Kindern. Für jene Elternpaare, die weitergehende Unterstützung benötigen, um ihren Konflikt abzubauen, wird, falls gewünscht, im Anschluss an die Gruppensitzungen eine Nachsorgephase organisiert.

Entwicklung und Verbreitung von «Kinder aus der Klemme»

«Kinder aus der Klemme» entstand im niederländischen Haarlem aus der Zusammenarbeit zwischen dem Lorenzihuis (Zentrum für Systemische Therapie, Ausbildung und Beratung) und dem KJTC (Traumazentrum für Kinder und Jugendliche in Haarlem). Entwickelt wurde das Programm von Justine van Lawick und Margreet Visser. Das Programm wird in den Niederlanden als wirksames Therapieprogramm qualifiziert. Inzwischen gibt es bereits seit vielen Jahren in mehreren europäischen Ländern Teams, die in der Methode geschult wurden und die Gruppentherapie erfolgreich umsetzen.

Das Team

Das Institut für Familienrechtspsychologie bietet in Zusammenarbeit mit der Praxis für Familien und weiteren freischaffenden Therapeut*innen seit Januar 2021 Gruppentherapien gemäss dem Konzept von «Kinder aus der Klemme» an. Wir sind damit schweizweit der erste Anbieter dieses Therapieangebots. In unserem Team arbeiten psychologische und sozialpädagogische Fachkräfte mit therapeutischen Qualifikationen. Alle verfügen sowohl im Kontext des Kindesschutzes als auch der Psychiatrie über langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Familien und mit Familiengruppen (Multifamilientherapie). Die Kursleitenden wurden von Justine van Lawick, einer der Begründerinnen von «Kinder aus der Klemme», für die Arbeit mit dieser Methode qualifiziert.

Kontakt / Durchführungsort

Die Vorgespräche finden im Institut für Familienrechtspsychologie, Biberiststrasse 14h, 4500 Solothurn statt.

Die Gruppensitzungen werden ebenfalls in der Stadt Solothurn stattfinden, der Ort wird erst nach der definitiven Anmeldung bekannt gegeben.

Anmeldung

Für eine Anmeldung melden Sie sich per E-Mail an, damit wir Ihnen die definitiven Anmeldeunterlagen per Post zuschicken können.

Die Anmeldung wird in der Regel durch eine Fachperson vorgenommen. Es ist aber auch möglich, dass sich die Eltern selbstständig für den Kurs einschreiben.

Bitte beachten Sie, dass die Familien bis spätestens 4 Wochen vor dem Netzwerktreffen angemeldet sein müssen um für den Durchgang angenommen zu werden. Dies ist in der Regel Mitte Juli und Mitte Februar. Erfolgt die Anmeldung später, werden die Familien zum übernächsten Durchgang zugelassen.

Weitere Informationen

Für eine weitergehende Auseinandersetzung mit «Kinder aus der Klemme» empfehlen sich zwei deutschsprachige Publikationen aus der Reihe «Systemische Therapie und Beratung» des Carl-Auer Verlags:

  • Kinder aus der Klemme – Interventionen für Familien in hochkonflikthaften Trennungen (2017)

  • Kinder aus der Klemme – Arbeitsbuch für Eltern (2020)